Von der Herausforderung Lehrer und Schüler gleichzeitig zu sein.
Vorn links die Schwarzgurte, hinten rechts die Weißgurte – Markus Josts Schüler haben sich im Trainingsraum aufgestellt. Er gibt die Kommandos in der Münchnerauer Taekwon-Do Schule. Am nächsten Tag steht dieser selbst in der Reihe im Dojang in Freising und folgt den Kommandos von seinem Großmeister. Und dies trotz eines schweren Unfalls vor fünf Jahren.
In jeder Taekwon-Do Schule startet der Unterrichtet ähnlich. Die Sportler machen zum Beispiel Hampelmänner zum Aufwärmen. Jede und Jeder im eigenen Tempo, sie zählen dabei auf koreanisch bis zehn. Sie machen so lange weiter bis Jost ein neues Kommando gibt, reihum. Mit seiner eher ruhigen Art wirkt er nicht autoritär, aber: „Bei uns im Kindertraining kann er auch richtig laut“, sagt Daniel Jost (15 Jahre, Grüngurt), „er schimpft aber nicht, sondern treibt uns an“.
In einem Alter angefangen in dem andere bereits 20 Jahre trainieren
Der Respekt seiner Schüler und Schülerinnen mag auch mit seiner Authentizität zu tun haben. Er hat erst mit 30 mit der waffenlosen Selbstverteidigung aus Korea, die Kraft, Schnelligkeit, Flexibilität, Koordination und Kondition schult, begonnen und zeigt damit, dass dieser Sport in jedem Alter begonnen werden kann. „Die Jungen können schon höher kicken, ihnen dies zu vermitteln ist die Herausforderung. Den Kindern ist es egal wie hoch ich die Beine bekomme, sie haben Spaß!“, so Jost.
Das in der Münchnerau noch trainiert wird, ist jedoch nicht selbstverständlich. Vor fünf Jahren hatte der Abteilungsleiter Taekwon-Do vom SV Landshut- Münchnerau (SVM) einen schweren Unfall. Auf einer Werbeveranstaltung kippte ein vermeintlich im Boden fest verankertes Fahrrad mit ihm um. Er schlug mit dem Kopf auf dem Boden auf. Es gab jedoch keine Platzwunde und drei Wochen später begannen dann Gleichgewichtstörungen. Zwei Tage vor Weihnachten die Diagnose: Subdurales Hämatom. Es folgte eine Notfalloperation im Klinikum Landshut. Das Fazit der Ärzte: „Das war in letzter Sekunde, ob ich nach Weihnachten noch gelebt hätte war ungewiss.“ Nach einer Woche Intensivstation war klar, für mehrere Wochen darf kein Sport getrieben werden. Somit stand das Training in der Münchnerau vor dem Aus.
Sein Großmeister, Martin Eichhorn (6. Dan) vom „Traditionell Taekwon-Do-Center Freising“ organisierte jedoch umgehend die Übernahme der Trainingsstunden nach dem Ende der Weihnachtsferien. Etliche Schwarzgurte machten sich fortan mehrere Wochen lang von Freising aus nach Landshut auf den Weg um dort die Schüler von Jost zu im traditionellen Taekwon-Do zu unterweisen. Hier zeigte sich der in sportlicher Sicht gesehen außergewöhnlich starke „familiäre Zusammenhalt“.
Aufgeben ist keine Option
An der von Jost und einem Trainingspartner der Freisinger Schule organisierten Veranstaltung „24-Stunden-Taekwon-Do“ die drei Monate nach dem Unfall trotz allem durchgeführt wurden, trainierte er dann bereits wieder zehn Stunden – wenn auch noch nicht unter „Volllast“ (die LZ berichtete). Die Schüler und Schülerinnen im Alter von 6 bis 48 Jahren erleben, dass Aufgeben keine Option ist. Auch wenn bei den Gürtelprüfungen der Bruchtest mal nicht sofort funktioniert, der Fokus liegt auf der erfolgreichen Erledigung der gestellten Aufgabe und das erfordert eben die Zuversicht, dass der Lehrer die Fähigkeiten seiner Schüler kennt. Die Aufgabe des Lehrers ist es, den Schüler auszubilden. Die Aufgabe des Schülers ist es, zu lernen. Die Aufgabe von beiden ist es, stehts ihr Bestes zu geben! Der Schüler konzentriert sich auf die Übungen im Unterricht und benötigt vor allem eins: Vertrauen in seinen Lehrer! Dieser bemüht sich immer ein Vorbild für die andern zu sein - innerhalb und außerhalb des Dojangs. Der respektvolle Umgang miteinander ist dabei der wichtigste Aspekt des Zusammenlebens.
Lehrer und doch selbst Schüler
Aktuell werden die fünfundzwanzig Schüler an drei Tagen in der Woche unterrichtet. An einem Tag fährt Jost zu Großmeister Eichhorn ins Training nach Freising, „Der Wille zu lehren, aber auch zu lernen, das ist wichtig“, so Jost. Folgerichtig hat er vor kurzem auf seine Prüfung zum 3. Dan erfolgreich vor Großmeister Martin Eichhorn abgelegt. „Eigentlich geht es nach dem Schwarzgurt erst so richtig los“, so der Taekwon-Do Trainer des SV Landshut Münchnerau.
24-Stunden-Taekwon-Do Marathon
Rückblick
Am 05.03.2016 fand beim SV Landshut Münchnerau ein Taekwondo Training statt, dass es so in Bayern noch nicht gegeben hat. Unter dem Motto "Wir machen Sport für diejenigen, die es nicht so gut können" waren 24 Schwarz- und Farbgurte aus ganz Bayern um 14:00 Uhr mit am Start, als der "24-Stunden-Taekwon-Do Marathon" startete.
Egal ob erfahrener Schwarzgurt oder Anfänger, jeder durfte sich als Sieger fühlen. Denn wer ber 6/12 - oder gar 24 Stunden durchhält, jeder nach seinen Möglichkeiten, verdient ein Lob. Das hohe Engagement wurde deutlich, dass auch in der Nacht im Schnitt immer sechs Teilnehmer aktiv waren. Der Gedanke (möglichst) niemals aufzugeben, war wichtig um eine derart lange Trainingszeit gut zu überstehen und kam auch im gemeinsamen kraftvollen Abschlusstraining zum Ausdruck.
Im Aktionszeitraum wurden von den 24 Kampfkünstlern, immer wieder stundenweise unterstützt von Schülern aus Freising und Berglern insgesamt -340- Stunden trainiert. Hierbei setzte sich das Team unter der Führung von Stefan WIDMANN mit -164-Stunden durch. In der Einzelwertung wurde Georg RUMMEL aus Darching (-18- Stunden) und Jeanette VINICHIE (SVM) , Mattis RINGERT (SVM) und Simon JOST (SVM) mit je 11,5 Stunden ausgezeichnet. Als beste Nicht-Taekwon-Doka erhielt Elke Heiß vom SVM mit 2 Stunden ebenfalls eine Medaille.
Insgesamt konnten dem Vorstand der Lebenshilfe e.V., Hr. Daimer am Ende der Veranstaltung ein symbolischer Scheck ber 3.600.- EUR von den Organisatoren Markus Jost und Stefan Widmann überreicht werden. Auch ohne teilgenommen zu haben leisteten Privatpersonen hierzu einen wertvollen Beitrag (Vom SVM u.a.: Hr. Inderst, Hr. Wanken, Hr. Hofer, Hr. Asen).
Die Philosophie hinter dieser koreanischen Kampfkunst, nämlich sich unter anderem auch für die Schwachen einzusetzen wurde bei dieser Veranstaltung somit überdeutlich gemacht.
Zeitungsbeitrag zum Auslandscamp